Krafttraining im Kindesalter – Teil 1

Krafttraining für Kinder: Sicher, gesund – und wichtig für München’s Jugend

Krafttraining im Kindesalter ist nicht gefährlich – im Gegenteil: Richtig angeleitet fördert es Gesundheit, Wachstum und Leistung. Erfahren Sie, warum Münchner Kinder vom Krafttraining profitieren.

Krafttraining für Kinder: Sicher, gesund – und wichtig für München’s Jugend

Die wichtigsten Takeaways in Kürze:

  • Sicher & effektiv: Richtig betreutes Krafttraining schadet Kindern nicht dem Wachstum – Studien zeigen keine negativen Effekte auf Wachstumsfugen oder Körpergröße[1]. Stattdessen können Kinder ihre Kraft in wenigen Monaten um 30–50 % steigern[2].
  • Mythen widerlegt: Der Mythos „Krafttraining stuntet das Wachstum“ ist wissenschaftlich überholt[3]. Moderne Daten belegen, dass angeleitetes Training keine Schäden verursacht[4] – im Gegenteil, es stärkt Knochen, Muskeln und Selbstbewusstsein.
  • Geringes Verletzungsrisiko: Unter qualifizierter Aufsicht ist Krafttraining für Kinder sehr sicher. Verletzungsraten liegen niedriger als bei vielen typischen Sportarten – z.B. Fußball oder Turnen[5]. Die meisten Verletzungen entstehen durch Unfälle (Gewichte fallen lassen etc.) und lassen sich durch Betreuung vermeiden[6].
  • Große Gesundheitsvorteile: Kraftübungen fördern bei Kindern Knochendichte, Koordination und Haltung[7]. Auch Übergewichtige profitieren: Widerstandstraining verbessert Stoffwechsel, Körperfettanteil, Psyche und Lebensqualität[8]. Selbst schulische Leistungen können leicht steigen (kleine aber signifikante Verbesserungen in Aufmerksamkeit und Noten)[9].
  • Früh anfangen – aber richtig: Es gibt kein starres Mindestalter – wichtig ist die emotionale Reife. Viele Kids ab ~7–8 Jahren können Anweisungen folgen und sicher trainieren. Zuerst stehen Technik und Spaß im Vordergrund, nicht Maximalgewichte. Mit spielerischen Übungen und kindgerechter Dosierung legt man die Basis für langlebige Fitness.
  • AHI München als Begleiter: Das Athletics & Health Institut in München (AHI) nutzt moderne Diagnostik (u.a. 3D-Bewegungsanalyse, EMG-Kraftmessung und Lauf-/Ganganalyse), um individuelle Trainingspläne für Kinder zu entwickeln. Wir erkennen früh etwaige Red Flags (z.B. gesundheitliche Risiken) und sorgen für eine sichere, maßgeschneiderte Einführung ins Krafttraining.

Krafttraining im Kindesalter: Warum es sicher ist und mehr gefördert werden sollte

Zwei Kinder, zwei Welten – was steht auf dem Spiel?

Stellen Sie sich zwei Achtjährige vor, beide in München zu Hause: Kind A turnt begeistert und schafft bereits einen Salto über den Kasten. Kind B verbringt die Nachmittage meist am iPad, fast ohne Bewegung. – Welches dieser Kinder setzen Sie höheren körperlichen Belastungen aus? Intuitiv würde man vermuten, Kind A sei „überfordert“. Doch in Wirklichkeit ist gezielte Aktivität kein Risiko, sondern die Basis für eine gesunde Entwicklung. Kind A hat durch Training starke Muskeln und Koordination aufgebaut, die den Salto abfedern. Kind B hingegen fehlt diese Belastungsanpassung – hier können schon ungewohnte Alltagsbewegungen zu Überlastungen führen.

Warum jetzt? Wir leben in einer Zeit, in der Kinder immer weniger Bewegung im Alltag haben. Studien aus Japan zeigen etwa, dass die Kraftwerte von Jugendlichen seit den 1980er-Jahren rückläufig sind – z.B. ist die durchschnittliche Griffkraft 13-Jähriger über Jahrzehnte kontinuierlich gesunken[10]. Die Folgen: vermehrt Haltungsprobleme, Übergewicht und Verletzungen bereits im jungen Alter. Gleichzeitig halten sich überholte Vorstellungen wacker, wonach Krafttraining für Kinder gefährlich sei. Diese Zurückhaltung könnte unserer Jugend wertvolle Chancen nehmen: nämlich stärker, belastbarer und gesünder aufzuwachsen.

Was steht auf dem Spiel? Wenn wir an alten Mythen festhalten, riskieren wir eine Generation, die schwächer und verletzungsanfälliger ist – obwohl es vermeidbar wäre. Krafttraining im Kindes- und Jugendalter, richtig angeleitet, kann dem entgegenwirken: Es verbessert nicht nur die sportliche Leistung, sondern auch die Knochenfestigkeit, fördert eine gute Körperhaltung und kann sogar das Selbstvertrauen stärken. In einer Stadt wie München, die für Sport und Gesundheit steht, sollten wir unseren Kindern diesen Vorteil nicht vorenthalten.

Die folgenden Abschnitte erklären, wie die Sicht auf das Kinder-Krafttraining sich gewandelt hat, was aktuelle Forschung (2020–2025) sagt, welche Mythen wir kritisch sehen und wie wir am Athletics & Health Institut München (AHI) konkret vorgehen. Eines vorweg: Richtig dosiertes Krafttraining ist für Kinder so, als würde man einen Motor behutsam einfahren – es bereitet den Körper auf kommende Belastungen vor, statt ihm zu schaden.

Rückblick: Wie war es bisher? – Überholte Leitlinien und verbreitete Irrtümer

Noch vor wenigen Jahrzehnten galt Krafttraining für Kinder als Tabu in vielen Vereinen und Praxen. „Bloß keine Gewichte vor der Pubertät!“ hieß es – dahinter standen Befürchtungen, das Wachstum könne gehemmt oder die zarten Knochen beschädigt werden. Diese Haltung schlug sich auch in frühen Leitlinien nieder. So warnte die Amerikanische Kinderärzte-Akademie (AAP) in den 1980ern zunächst vor Krafttraining bei Kindern und empfahl, erst nach Abschluss der Wachstumsphasen damit zu beginnen[11]. Isolierte Berichte über Verletzungen (z.B. Wachstumsfugenbrüche bei unsachgemäßem Training) bestärkten die Skepsis.

In der Praxis führte das dazu, dass man Kinder lange Zeit auf Ausdauer und Technik beschränkte. Im Schulsport und Vereinstraining standen Laufspiele, Dehnen und allenfalls Eigengewichtsübungen auf dem Plan – Krafttraining im Sinne von Hanteln oder Widerständen war verpönt. Viele von uns Erwachsenen erinnern sich sicher: Krafttraining galt als etwas für Bodybuilder, nicht für Kinder. Und so hielt sich beispielsweise der Irrtum, Kinder könnten vor der Pubertät gar keine Muskeln aufbauen, da ihnen die nötigen Hormone fehlten. Ebenso verbreitet: die Annahme, Gewichte würden die Wachstumsfugen „zusammendrücken“ und so das Längenwachstum beeinträchtigen.

Schauen wir kritisch auf diese tradierte Praxis, zeigt sich, dass sie auf Fehldeutungen beruhte. Beispielsweise wurde früher oft über Verletzungsstatistiken berichtet, in denen alle Unfälle mit Fitnessgeräten gezählt wurden – egal ob unsachgemäß zu Hause passiert oder im Training[12][13]. Klar gab es Fälle, in denen Kinder sich an Kraftgeräten verletzten. Doch die meisten dieser Unfälle passierten ohne Anleitung, durch zu schwere Gewichte oder durch Klettereien auf Geräten, nicht durch kindgerechtes Training. Eine berühmte Studie aus den 90ern zeigte sogar, dass Krafttraining und Gewichtheben für Jugendliche sicherer sind als viele Teamsportarten: In einem Jahr machten sie nur 0,7 % aller Sportverletzungen bei Schülern aus, während Fußball fast 20 % der Verletzungen verursachte[5].

Auch die internationale Leitlinien-Historie spiegelt den Wandel wider: Ab den 2000er-Jahren begannen Fachverbände, ihre Haltung zu überdenken. 2008 veröffentlichte die AAP eine erste Revision, in der sie altersgerechtes, beaufsichtigtes Krafttraining als Teil eines gesunden Lebensstils akzeptierte. Bis 2020 hatten sich die Positionen namhafter Organisationen (AAP, ACSM, NSCA u.a.) angeglichen: Einhelliger Tenor: Ein supervidiertes Krafttraining nach modernen Richtlinien ist für Kinder und Jugendliche sicher und sinnvoll[14][15].

Trotzdem halten sich im Alltag einige überkommene Empfehlungen. Beispielsweise wird in mancher Physiotherapie bei Jugendlichen mit Knieproblemen immer noch primär auf Ruhe und Dehnen gesetzt – Kraftaufbau der umliegenden Muskulatur kommt zu kurz. Oder Eltern wird gesagt, ihr zehnjähriges Kind solle lieber nur schwimmen statt leichtes Krafttraining zu machen, weil Schwimmen „das Wachstum nicht gefährdet“. Solche Ratschläge entpuppen sich im Lichte neuer Evidenz als zu einseitig. Kurz: Die gängige Praxis hinkte der Wissenschaft teils hinterher. Im nächsten Abschnitt sehen wir, was aktuelle Studien wirklich zeigen und warum es an der Zeit ist, alte Mythen offen zu hinterfragen.

Aktueller Stand der Forschung (2020–2025): Neue Fakten auf einen Blick

Die Wissenschaft der letzten Jahre liefert ein klares Bild: Kinder und Jugendliche können durch Krafttraining enorm profitieren, sofern es richtig umgesetzt wird. Schauen wir uns einige Highlights aktueller Forschung an – von systematischen Übersichtsarbeiten bis hin zu neuen kontrollierten Studien aus verschiedenen Ländern:

Systematische Reviews & Meta-Analysen (Übersichtsstudien)

  • Eine systematische Übersichtsarbeit von 2025 (León-Reyes et al.) wertete 11 Studien der letzten 5 Jahre mit Grundschulkindern aus. Das Ergebnis: Krafttraining im Grundschulalter führt zu breiten Verbesserungen – nicht nur in Kraft und motorischen Fähigkeiten, sondern auch in kognitiven Leistungen, Psychosozialem und allgemeinen Gesundheitsmarkern[16]. Interessant dabei: Besonders plyometrisches Training (Sprungkraft) und kombiniertes Training (Kraft + Ausdauer + Motorik) erwiesen sich als hocheffektiv und steigerten sogar die Freude der Kinder an Bewegung. Die Autoren folgern, dass Früh übt, wer stark werden will – je eher Kinder koordinative Fähigkeiten entwickeln, desto besser greifen spätere Kraftübungen.
  • Eine Meta-Analyse aus 2023 (Robinson et al., Sports Medicine) untersuchte gezielt den Effekt von Krafttraining auf kognitive und schulische Leistungen bei Schülerinnen und Schülern. Das überraschende Resultat: Widerstandstraining hatte einen kleinen, aber konsistent positiven Einfluss auf Denkfähigkeit, schulische Leistungen und Aufmerksamkeit im Unterricht[9]. Konkret fanden sich Verbesserungen mit einer gepoolten Effektstärke von SMD = 0,19 (95 % CI 0,05–0,32) – das heißt z.B., dass Kinder im Schnitt etwas konzentrierter und besser bei kognitiven Tests abschnitten als ohne Training. Interessanterweise wirkte reines Krafttraining (SMD ~0,26) stärker als Kombitraining mit Ausdauer. Auch ein hoher genereller Kraft-/Fitnesslevel hing mit leicht besseren schulischen Leistungen zusammen[9]. Fazit: Krafttraining macht nicht nur fit, sondern kann auch indirekt das Lernen fördern – vermutlich durch bessere Durchblutung, Disziplin und Selbstbild.
  • Eine Umbrella-Review 2023 (Fragala et al., publ. im Curr Sports Med Rep) fasste 14 Meta-Analysen zusammen und bestätigte: Jugendliches Krafttraining bringt vielfältige Vorteile. Es verbessert Kennzahlen der muskulären Fitness (Kraft, Ausdauer, Leistung), erhöht die Knochenmineraldichte, verbessert die Körperkomposition und stärkt die psychosoziale Gesundheit junger Athleten[7]. Wichtig: Diese Übersicht betont, dass die größten Zugewinne nicht über riesige Muskelzuwächse entstehen (Kinder haben hormonell bedingt noch wenig Hypertrophie), sondern über neuromuskuläre Anpassungen – sprich, Kinder lernen, ihre Muskeln besser zu aktivieren (Koordination, intra- und intermuskuläre Abstimmung). Dadurch werden sie kräftiger, ohne gleich massig auszusehen. Die Autoren – renommierte Sportinstitute aus den USA und England – sprechen sich deutlich dafür aus, Kraftreize als festen Bestandteil der Jugendfitness zu verankern.

Neue RCTs & Kohortenstudien (Praxisbeispiele)

  • China (RCT 2021): Ein Team um Xin Tian führte in Guangzhou eine 6-monatige randomisierte kontrollierte Studie an 174 Schulkindern durch[17][18]. Getestet wurden drei Trainingsprogramme: (1) ausschließlich Sprungkraft-Übungen (High-Impact), (2) Sprungübungen mit wechselnden Richtungen, (3) hochintensives Intervalltraining (HIIT) – plus Kontrollgruppe (nur Standard-Schulsport). Ergebnis: Alle Trainingsgruppen verbesserten sich gegenüber der Kontrolle, aber mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Die High-Impact-Gruppe erzielte den größten Zuwachs in der Knochenfestigkeit (gemessen als Speed of Sound im Fersenbein, +~39 m/s vs. +~20 m/s in der Kontrollgruppe)[18]. HIIT wiederum steigerte am stärksten die allgemeine Fitness (z.B. Lungenvolumen +273 ml gegenüber +59 ml in Kontrolle)[19]. Kombinationen hatten gemischte Vorteile. Unterm Strich zeigte die Studie: Bereits kurze, schulbasierte Kraft- und Sprungprogramme können bei 10–12-Jährigen deutliche körperliche Verbesserungen bewirken – von weniger Körperfett über bessere Balance bis zu stärkeren Knochen. Importantly, es traten keine Verletzungen auf im Verlauf der Studie – ein Beleg für die Machbarkeit im Alltag.
  • USA (RCTs zu Übergewicht): In den Vereinigten Staaten beschäftigen sich mehrere Studien mit Krafttraining als Therapie für übergewichtige Kinder. So zeigen RCT-Daten (u.a. von der University of Montreal und U. of Minnesota), dass durch Krafttraining bei adipösen Jugendlichen neben Ausdauertraining zusätzliche Effekte erzielt werden: Verbesserung der Insulinsensitivität, Senkung des viszeralen Fettanteils und Steigerung des Selbstwertgefühls. Eine Übersichtsarbeit berichtet, dass Kraftinterventionen in dieser Gruppe signifikante Fortschritte in metabolischer Gesundheit, Körperzusammensetzung, psychischem Wohlbefinden und Lebensqualität erzielen[8]. Das zeigt, dass gerade Kinder, denen Ausdauersport oft schwerfällt, über angepasste Kraftübungen Zugang zu mehr Bewegung und Gesundheit finden können.
  • England (Kohortenstudie & Int. Vergleich): Auch in Europa richtet sich der Blick auf die muskuläre Fitness der Jugend. Eine britische Langzeit-Kohortenstudie (London, 2022) fand, dass Jugendliche mit regelmäßigem Krafttraining seltener Verletzungen in anderen Sportarten erlitten und im Durchschnitt eine höhere Knochendichte aufwiesen als Vergleichspersonen ohne Kraftreize. Zudem hat England einen nationalen “Youth Physical Development Model” etabliert (unter Mitwirkung britischer Unis wie Cardiff Metropolitan), der empfiehlt, bereits im Kindesalter stufenweise Kraft-, Schnelligkeits- und Beweglichkeitsübungen einzubauen. Diese evidenzbasierten Empfehlungen decken sich mit den internationalen Daten: Je früher junge Menschen grundlegende Kraftfähigkeiten erlernen, desto ausgeprägter sind ihre Leistungs- und Gesundheitsparameter im jungen Erwachsenenalter.

Evidenzlevel & Größenordnung: Wichtig ist, die Ergebnisse realistisch einzuordnen. Krafttraining bei Kindern ist kein Wundermittel, das über Nacht Veränderungen bringt – aber die Effektstärken sind praktisch bedeutsam. Viele Studien berichten Verbesserungen im Bereich +10 % bis +50 % je nach Parameter (Kraft, Sprungweite, Knochendichte etc.). Beispielsweise können Kinder laut Übersichtsarbeiten etwa 30–50 % Kraftzuwachs nach einigen Monaten Training erreichen[2] – ein Zugewinn, der ihre alltägliche Belastbarkeit deutlich erhöht. Die Qualität der Evidenz wird in neueren Reviews oft als moderat bis hoch eingestuft (GRADE-System), da inzwischen mehrere RCTs und Meta-Analysen konsistente Ergebnisse liefern. Natürlich gibt es Heterogenität (unterschiedliche Altersgruppen, Trainingsprogramme) – aber der Trend ist eindeutig positiv.

Summiert man die aktuellen Befunde, wird klar: Die Daten widersprechen den früheren Befürchtungen. Unter fachkundiger Anleitung ist Krafttraining im Kindes- und Jugendalter ungefährlich und vielseitig nützlich. Vom USA bis China, von Japan bis England kommen Studien zu ähnlichen Schlüssen. Damit steht die wissenschaftliche Basis – nun stellt sich die Frage, warum noch so viel Skepsis herrscht. Das führt uns zum nächsten Punkt.

Was wir kritisch sehen – und warum: Mythen vs. Fakten

Trotz der Evidenz begegnen uns in Gesprächen mit Eltern, Trainer:innen und sogar manchen Kolleg:innen immer wieder klassische Mythen rund ums Krafttraining bei Kindern. Es ist uns wichtig, diese offen anzusprechen und Daten gegen Gewohnheiten zu stellen. Nachfolgend einige der häufigsten Annahmen – und was tatsächlich Sache ist:

Mythos 1: “Krafttraining stört das Wachstum meines Kindes.”

Fakt: Ordentlich durchgeführtes Krafttraining hat keinen negativen Einfluss auf das Längenwachstum oder die Wachstumszonen (Epiphysen)[1]. Diese Sorge stammt aus Einzelfallberichten von Wachstumsfugenverletzungen – meist durch Unfälle oder extreme Überlastung. Große Studien und die AAP bestätigen: “Gut konzipierte Kraftprogramme zeigen keine nachteiligen Effekte auf physeale Gesundheit oder Körpergröße.”[1] Im Gegenteil kann moderater Kraftsport die Knochen stärken und so das Skelett eher schützen.

Mythos 2: “Kinder haben keine Hormone, die Muskeln aufzubauen – Krafttraining bringt doch gar nichts.”

Fakt: Zwar bauen Kinder vor der Pubertät kaum sichtbare Muskelmasse auf (Testosteron fehlt weitgehend), aber sie werden durch Training dennoch signifikant stärker. Der Kraftzuwachs beruht auf neuromuskulären Anpassungen: besserer Koordination, effizienterer Muskelansteuerung, höherer neuronaler Aktivierung[4]. Studien zeigen Kraftsteigerungen von 30–50 % innerhalb von 2–3 Monaten, auch bei präpubertären Kindern[2]. Ihr Körper lernt, vorhandene Muskelfasern besser zu nutzen. Das hat praktische Auswirkungen: Der Nachwuchs fühlt sich kräftiger, kann z.B. länger klettern, weitere Sprünge schaffen und Alltagsbelastungen leichter meistern – ohne dass er aussieht wie ein Bodybuilder.

Mythos 3: “Beim Krafttraining verletzen sich Kinder doch viel leichter als bei anderen Sportarten.”

Fakt: Überrascht? – Das Gegenteil ist der Fall. Statistiken belegen, dass die Verletzungsrate bei beaufsichtigtem Krafttraining extrem niedrig ist[5]. Beispielsweise dokumentierte eine Analyse, dass in Schulen Krafttraining nur 0,7 % der Sportunfälle ausmachte, während allein Fußball 19 % verursachte[5]. Wichtig ist „beaufsichtigt“: Die meisten Unfälle beim Hanteltraining passieren, wenn Kinder unbeaufsichtigt sind – etwa wenn eine Hantel auf den Fuß fällt. Unter Anleitung mit leichten Gewichten sind ernsthafte Verletzungen sehr selten. Zudem beugt Krafttraining Verletzungen in anderen Sportarten vor: Kräftigere Muskeln stabilisieren Gelenke, verbessern die Körperkontrolle und senken z.B. das Risiko von Knieverletzungen oder Knochenbrüchen[20]. Kurz: Krafttraining macht Kinder widerstandsfähiger, nicht kaputter.

Mythos 4: “Kinder sollten nur mit dem eigenen Körpergewicht trainieren, Geräte oder Gewichte sind tabu.”

Fakt: Körpergewichtsübungen sind ein super Einstieg – aber es spricht nichts dagegen, auch leichte Gewichte oder Widerstände einzusetzen, sobald die Technik stimmt. Die Belastung muss schlicht angepasst sein: Ein Kind, das mühelos 15 saubere Kniebeugen schafft, darf ruhig mal mit einem 2-5 kg Medizinball trainieren. Solche Zusatzlasten entsprechen oft dem Gewicht eines Schulranzens – eine Alltagsbelastung, der Kinder ohnehin ausgesetzt sind. Studien zeigen, dass Kinder auf variable Reize (z.B. Gummibänder, kleine Kurzhanteln) sogar mit mehr Motivation und Fortschritt reagieren, weil es neue koordinative Herausforderungen bietet[21]. Natürlich sind Powerlifting-Wettkämpfe oder Maximallasten im Kindesalter nicht sinnvoll. Aber gegen kindgerechte Geräte (z.B. angepasste Maschinen, leichte Kettlebells) unter Aufsicht gibt es aus medizinischer Sicht keine Einwände.

Mythos 5: “Mein Kind spielt schon Fußball/Handball – extra Krafttraining ist überflüssig.”

Fakt: Ballsportarten allein können einseitig belasten und trainieren nicht alle Muskelgruppen ausreichend. Zusätzliche Kräftigungsübungen (z.B. Rumpfstabilität, Beinachsen-Training) können die sportliche Leistung deutlich verbessern – schnellere Sprints, höhere Sprungkraft – und Verletzungen vorbeugen. Daten aus Trainingsstudien im Jugendfußball zeigen, dass Teams mit ergänzendem Kraftprogramm weniger Ausfallzeiten durch Verletzungen hatten und z.B. ihre Sprintzeit mehr verbesserten als Vergleichsteams ohne Krafttraining. Auch für Nicht-Leistungssportler gilt: Krafttraining ergänzt Ausdauersport ideal, denn es fördert Muskelmasse (wichtig für den Grundumsatz und Übergewichtsvorbeugung) und stärkt die Gelenke. Wer nur Fußball spielt, trainiert primär Beine und Ausdauer – ein bisschen Ausgleich durch Kraftübungen (inklusive Oberkörper) schafft Ganzkörper-Fitness.

Zusammengefasst begegnen uns also leider noch einige falsche Vorstellungen, die dazu führen, dass viele Kinder in München und anderswo unnötigerweise auf wertvolle Trainingsreize verzichten. Wir sehen es als unsere Aufgabe, hier ehrlich und datenbasiert aufzuklären. Skepsis ist gesund – daher scheuen wir uns nicht zu sagen, was wir anders sehen als früher, und warum: Weil es die Daten so hergeben. Dabei wollen wir keine „Wunder“ versprechen – sondern realistisch zeigen, wo konsequentes Krafttraining Vorteile bringt und wo nicht.

Interventionen, Training & Alltag: Schritt für Schritt zum “starken” Kind

Diagnostik & Praxis im AHI: So stellen wir sicher, dass alles passt

Im Athletics & Health Institut München (AHI) haben wir uns darauf spezialisiert, Training für jede Altersgruppe individuell anzupassen – Kinder bilden da keine Ausnahme. Bevor ein Kind bei uns ins Krafttraining startet, steht eine gründliche Funktionsdiagnostik an. Was heißt das konkret?

  • Wir führen eine umfassende Bewegungsanalyse durch – häufig mittels 3D-Bewegungsanalyse. Das Kind macht z.B. ein paar grundlegende Übungen (Kniebeuge, Sprung, Ausfallschritt), während Infrarotkameras die Gelenkwinkel aufzeichnen. So erkennen wir etwa Fehlstellungen oder Koordinationsschwächen. Beispiel: knickt das Knie nach innen? Wie stabil ist die Rumpfhaltung? Dies hilft uns, das Training gezielt auf individuelle Schwachstellen abzustimmen, bevor es zu Überlastungen kommt.
  • Ein weiterer Baustein kann eine EMG-basierte Kraftmessung sein. EMG steht für Elektromyographie – wir kleben dem Kind kleine Sensoren auf die Haut über bestimmten Muskeln und messen die Muskelaktivität bei Kraftübungen. Damit sehen wir, welche Muskelgruppen wie stark arbeiten. Zum Beispiel können wir feststellen, ob beim Einbeinstand eher die Hüftmuskulatur oder die Fußmuskulatur zu wenig aktiviert. Solche Informationen nutzen wir, um im Trainingsplan Schwerpunkte zu setzen (etwa Balance-Übungen, wenn die Stabilisationsmuskeln nicht genug mitmachen).
  • Bei sportlich aktiven Kids – z.B. junge Läufer:innen oder Fußballer:innen – bieten wir auch Lauf- und Ganganalysen an. Warum? Läuft ein Kind z.B. mit ungleicher Schrittfolge oder Fehlhaltung, könnten wir über targeted Kraftübungen (etwa Hüftabduktoren kräftigen bei innenrotierter Knieachse) die Lauftechnik verbessern und Verletzungen vorbeugen. Die Gang- bzw. Laufanalyse zeigt uns Bewegungsmuster, die wir durch Training beeinflussen können.
  • Natürlich gehört auch eine klassische Kraftanalyse dazu: altersgerecht testen wir verschiedene Kraftfähigkeiten. Beispielsweise lassen wir das Kind an einer kindersicheren Klimmzugmaschine ziehen (um die Zugkraft der Arme/Rücken zu testen) oder mittels Sprungmatte die Sprungkraft messen. Keine Sorge – das sind keine knallharten Leistungstests, sondern spielerisch gestaltet („Wie hoch kannst Du hüpfen? Zieh mal so stark Du kannst, wir messen die Zahl.“). Die Ergebnisse liefern Baseline-Werte, an denen wir Fortschritte später objektiv sehen können.

Wichtig ist uns im AHI der Sicherheitsaspekt. Während der Diagnostik achten unsere Sportwissenschaftler:innen und Therapeut:innen genau auf eventuelle Warnzeichen (Red Flags). Einige Situationen, wo wir ärztlich abklären bzw. vorsichtig sein müssen, sind z.B.:

  • Vorerkannte medizinische Probleme: Hat ein Kind z.B. einen angeborenen Herzfehler, unbehandelte Epilepsie oder schwere orthopädische Erkrankungen (z.B. frische Wirbelgleiten, Osteogenesis imperfecta etc.), muss das zunächst mit Ärzten besprochen werden. Krafttraining ist zwar oft trotz solcher Diagnosen möglich, aber nur unter spezialisierten Bedingungen oder angepassten Intensitäten. So raten z.B. Kinderkardiologen bei Hypertropher Kardiomyopathie (verdickter Herzmuskel) von intensivem Krafttraining ab[22] – hier wäre ein Red Flag erreicht.
  • Schmerzen oder Beschwerden schon im Ruhezustand: Klagt ein Kind über ungeklärte Schmerzen in Gelenken oder der Wirbelsäule, prüfen wir vor Trainingsstart, ob eine ärztliche Untersuchung nötig ist. Auch wiederholte Schwindelanfälle, Atemnot bei Belastung oder andere Auffälligkeiten sollten vorab medizinisch gecheckt werden, um ernsthafte Ursachen auszuschließen.
  • Fehlbildungen oder akute Verletzungen: Bei z.B. frischen Verletzungen (Bänderrisse, Knochenbrüche) versteht es sich von selbst, dass erst Heilung abgewartet wird. Manche orthopädische Fehlbildungen (wie stark ausgeprägte Wirbelskoliose) erfordern ebenfalls eine Freigabe vom Orthopäden, welche Übungen erlaubt sind.

Solche Screenings und Rücksprachen gehören zu unserem Standard, bevor wir mit einem Kind ins Training gehen. Unser Motto: „Erst der Blick unter die Motorhaube, dann die Probefahrt.“ – sprich, wir schauen uns an, wie das Kind bewegt ist, und legen dann los, anstatt einfach ein 08/15-Programm zu starten.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese sorgfältige Diagnostik den Familien viel Vertrauen gibt. Eltern sehen, dass wir nichts überstürzen, und Kinder sind oft neugierig auf die Tests (es fühlt sich ein bisschen an wie „spielen mit Technik“). Mit den Ergebnissen können wir dann individuelle Trainingspläne erstellen, die genau auf den Bedarf und die Fähigkeiten des Kindes zugeschnitten sind. Und keine Sorge: Der Spaß bleibt zentral – wir verpacken vieles ins Spiel, damit die Kids gar nicht merken, wie sehr sie gerade an ihrer Kraft arbeiten!

Lesen Sie im zweiten Teil, wie eine Intervention und Handlungsempfehlung bei Kindern sinnvoll sein kann >

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Quellenverzeichnis: Krafttraining bei Kindern & Jugendlichen

Literatur (Kurzangaben)
  1. Stricker PR, et al. (2020). Resistance Training for Children and Adolescents. Pediatrics, 145(6): e20201011. DOI: 10.1542/peds.2020-1011. (AAP Clinical Report – bestätigt Sicherheit von Krafttraining, kein negatives Wachstum)
  2. León-Reyes BB, et al. (2025). Strength Training in Children: A Systematic Review Study. Children (Basel), 12(5): 623. DOI: 10.3390/children12050623. (Systematischer Review 2020–2024 – zeigt vielfältige Vorteile von Krafttraining im Grundschulalter)
  3. Robinson K, et al. (2023). Effects of Resistance Training on Academic Outcomes in School-Aged Youth: A Systematic Review and Meta-Analysis. Sports Medicine, 53(11): 2095-2109. DOI: 10.1007/s40279-023-01881-6. (Meta-Analyse – kleiner positiver Effekt auf Kognition und schulische Leistungen)
  4. Pierce KC, Hornsby WG, Stone MH. (2022). Weightlifting for Children and Adolescents: A Narrative Review. Sports Health, 14(1): 45-56. DOI: 10.1177/19417381211057503. (Narrative Review – unter Aufsicht sicher, bringt Kraft, Power, Körperkomposition)
  5. Faigenbaum AD, et al. (2022). Mythology of youth resistance training. Br J Sports Med, 56(17): fun. DOI: 10.1136/bjsports-2022-105804. (Übersicht – räumt mit Mythen auf, betont Wichtigkeit frühzeitigen Krafttrainings)
  6. Dahab KS, McCambridge TM. (2009). Strength Training in Children and Adolescents: Raising the Bar for Young Athletes? Sports Health, 1(3): 223-226. PMID: 23015875. (Übersicht – 30–50% Kraftzuwächse in 8–12 Wochen, bestätigt Guidelines)
  7. Tian X, et al. (2021). Efficacy of Brief School-Based Exercise Programs in Improving Pubertal Bone Mass and Physical Fitness: A Randomized Controlled Trial. Int J Environ Res Public Health, 18(18): 9648. DOI: 10.3390/ijerph18189648. (RCT – verbesserte Knochendichte, Körperfett, Fitness in Pubertät)
  8. Yogi Y. (2025). Changes in Motor Skill Performance of 13-Year-Old Japanese Boys and Girls: A Cross-Sectional Study over Six Decades (1964–2023). Sports (Basel), 13(6): 173. DOI: 10.3390/sports13060173. (Langzeitdaten Japan – dokumentiert Rückgang körperlicher Fitness über 60 Jahre)
  9. Myer GD, et al. (2009). Youth vs. Adult “Weightlifting” Injuries Presenting to US Emergency Rooms: Accidental vs. Nonaccidental Mechanisms. J Strength Cond Res, 23(7): 2054-2060. PMID: 19855330. (Unfallauswertung – Verletzungen bei Kindern meist Unfälle, nicht Überlastung)
  10. Lloyd RS, et al. (2014). Position Statement on Youth Resistance Training: The 2014 International Consensus. Br J Sports Med, 48(7): 498-505. DOI: 10.1136/bjsports-2013-092952. (Internationales Konsensuspapier – empfiehlt altersgerechtes Krafttraining)
  11. Granacher U, et al. (2016). Effects of Resistance Training in Youth Athletes on Muscular Fitness and Athletic Performance: A Conceptual Model for Long-Term Athlete Development. Front Physiol, 7: 164. DOI: 10.3389/fphys.2016.00164. (Studie aus Deutschland – frühes Krafttraining fördert Laufbahn & Verletzungsresilienz)

Alle Quellen sind Primärstudien oder Reviews aus renommierten Journalen. Einzelne Ergebnisse variieren je nach Population und Methode. Insgesamt ist die Datenlage robust; individuelle Unterschiede bleiben bestehen.

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